Nachdem 1855 das erste Postamt und 1865 das Gerichtsgebäude fertiggestellt waren, wurde der ehemalige Viehmarkt geebnet und mit Bäumen bepflanzt. Der Oberpräsident der Provinz Schlesien, Freiherr von Puttkammer, später preußischer Innenminister, unterstützte die Görlitzer in ihrem Bemühen um einen Kunstbrunnen zur Verschönerung des Platzes. Offensichtlich ist es seiner Fürsprache zu danken, dass der Staat Preußen den größten Anteil der Kosten übernahm.
Robert Toberentz, ein Breslauer Bildhauer, fertigte die Entwürfe und Modelle; die Bildhauer Ochs (Vater & Sohn) aus Berlin führten die Arbeiten in Marmor aus. In der Kunstgießerei Lauchhammer wurde die Bronzefigur gegossen. Am 12. November 1887 konnte der Kunstbrunnen eingeweiht werden. Man bezeichnete ihn als schönsten Brunnen Schlesiens. Um ein mehrstufiges Postament aus Carrara-Marmor sitzen vier überlebensgroße Figuren, zwei männliche und zwei weibliche. Sie sollen als Jäger, Nymphe, Fischer und Nixe Kraft, Veränderlichkeit, Nutzen und Romantik darstellen. Auf dem Postament stand eine bronzene Frauengestalt, wohl die Natur verkörpernd, die eine Muschel über den Kopf hielt.
Die Görlitzer nannten diese Figur liebevoll Muschelminna. Nur zu besonderen Gelegenheiten durfte aus der Muschel Wasser fließen. Damit schonte man die empfindlichen Marmorfiguren, denn das herabfallende Wasser verursacht irreparable Schäden am wertvollen Material. Das Wasser sprudelte aus den Masken, die sich zwischen den Figuren befinden, aus kleinen Fontänen im Becken und aus den Schnäbeln von vier Schwänen, die vermutlich aus Zinkguss gefertigt waren.
Mehrfach erfuhr die Umgebung der Muschelminna Veränderungen, aber erst 1937, mit der Umverlegung der Straßenbahnschienen, verschwand das kunstvoll gestaltete Pflaster um das Brunnenbecken. Ein breiter Rasenstreifen wurde angesät und verhindert von nun an das Herantreten an das Kunstwerk. Die "Minna" wurde, wie viele Denkmale und Kirchenglocken, im Juli 1942 zum Einschmelzen für die Rüstungsindustrie abtransportiert. Erst 1967 erhielt das Postament wieder eine Bekrönung - eine marmorne Schale.
Der Sehnsucht der Görlitzer nach ihrer Muschelminna war nie erloschen, und so erhielt 1987 der Dresdener Bildhauer Friedemann Klos den Auftrag, nach historischen Fotos ein neues Gussmodell zu schaffen. Den Bronzeguss der neuen "Minna" übernahm wieder die Kunstgießerei Lauchhammer, und seit dem 1. Mai 1994 steht die Nachbildung der ursprünglichen Brunnenfigur auf dem Sockel und krönt das architektonische Ensemble des Postplatzes.
Koordinaten um Muschelminna am Postplatz, Görlitz mit dem Navigationssystem zu erreichen.
Längengrad: 14.986027
Breitengrad: 51.151988
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